Wie zukunftsorientiert ist der Großhandel?

Die Vorteile von Videokonferenzen liegen auf der Hand. Weniger Kilometer im Auto, im Flugzeug oder auf der Bahn. Die Organisation ist unkomplizierter und die Zeitersparnis erheblich. Aber den Vorteilen bei der Nutzung von digitalen Tools stehen oft auch eine Reihe von Nachteilen gegenüber, so dass in Zukunft sorgfältig abzuwägen sein wird, welche Aufgabenstellung dauerhaft in die digitale Welt geholt werden können. Bevor darüber entschieden werden kann, liegt aber noch eine steile Lernkurve vor der Hospitality Branche.

Wie geht der Handel mit den neuen Möglichkeiten um?

Fachberatungen vor Ort ist eine wichtige Säule des Vertriebs- und Service Gedanken im Großhandel. "Den 1:1 Kontakt in die digitale Welt zu verlagern war für viele Berater eine pragmatische Notwendigkeit", so Kai Müller von der Transgourmet. Etwas anders stellen sich die Herausforderungen bei der Durchführung von Messen dar. "Die ersten Versuche das physische Messeerlebnis zu digitalisieren wurden den Ansprüchen insbesondere der Industriepartner nicht gerecht", berichtet Kai Müller und fügt an: "Wir haben wenigstens etwas getan."

Mitte April war es dann soweit. Die erste digitale Messe mit 75% Live Elementen zog 4.000 Besucher an. Sogar Muster wurden im Vorfeld zur Verkostung versendet. Das Potential der gewonnenen Besucherdaten für eine passgenauere Angebotsstellung ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Beim Stichwort 'Hyperindividualisierung' sei man noch am Anfang. "Für Industriepartner müssen wir noch mehr machen, mehr in den Austausch gehen und die gegenseitigen Erwartungen abklopfen", ist das Fazit von Kai Müller. 

haben Hausmessen eine Zukunft?

Momentan sei bei der Transgourmet alles auf dem Prüfstand. Alleine das benötigte Hygienekonzept einer Hausmesse liegt im 6stelligen Bereich. Wann sich eine Messe für die Teilnehmer lohnt und welche Wirkung andere Formate entfalten, wurde bisher nie genauer analysiert und soll in Zukunft systematischer betrachtet werden. Die Bedürfnisse der Individualgastronomie, der Systemer und Global Player müssen bei derartigen Entscheidungen alle Berücksichtigung finden. Ob die noch für 2021 geplanten Messen im Herbst stattfinden, ist noch nicht entschieden. 

Welchen Mehrwert liefern Messen?

Stationäre Veranstaltungen behalten ihre Relevanz, ist sich Jochen Kramer von SALOMON FoodWorld sicher. Aber von den bisherigen 180 absolvierten Veranstaltungen pro Jahr wird er einige aussortieren. Es wird eine noch stärkere Fokussierung auf Leitmessen geben, erwartet Torsten Petersen von der Enchilada Gruppe, weil dort drumherum viel passiert und Netzwerken erst möglich macht.

Gästeerlebnis und Story Telling

"Erlebnisse schaffen für den Gast, denn Socialising ist der Hauptgrund, um ins Restaurant zu gehen", stellt Jochen Kramer klar. Dabei wird ein nachhaltiges, gesundes Speiseangebot eine zentrale Rolle spielen. Immer mehr Gäste fragen sich: Was esse ich denn da eigentlich, wieviel Protein und welche Nährwerte enthält das Essen und wie passt es zu meiner Fitness? Aber wie erhält der Gast alle diese Informationen? Voraussetzung für die nötige Transparenz ist eine verlässliche Datenbasis schon bei der Produktion der Produkte und die Weiterleitung aller Daten über den Handel bis zum Gastronomen, am besten in Echtzeit. "Von einer Transparenz vom 'Acker bis zum Teller' sind wir noch weit entfernt, die Strukturen dafür sind gar nicht vorhanden", sagt Thomas Primus von Foodnotify und sieht dabei auch den Gesetzgeber in der Pflicht. "Die Entwicklung muss von beiden Seiten kommen", fordert Jochen Kramer. Wenn Hersteller die Umstellung von Soja auf Weizen wagen, muss der Gast sagen, ja ich will das haben. Und das klappt nicht immer. Die Enchilada Gruppe hat diese Erfahrung mit Pasta in Bio Qualität gemacht. Die Gäste hat es einfach nicht interessiert. "Dennoch wird Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung die Basis sein", sagt Hannes Lichtmannegger vom 'klimapositiven' Berghotel Rehlegg. Zwar ist es bisher noch ein kleines Marktsegment, aber der Handel sollte es im Blick behalten.

Was kann Digitalisierung leisten?

Das Ziel jedes Gastronomen ist es, sich auf den Gast zu konzentrieren und weniger Zeit im Lager zu verbringen. Und genau das sei die Kernaufgabe der Digitalisierung, sagt Jochen Kramer. Enchilada erstellt mit Hilfe von Foodnotify automatisiert Wochenkarten. Ein erster Schritt. Aber ein System, das dem Gastronomen Produkte nur aus einer bestimmten Region in einer vorgegebenen Qualität vorschlägt, ist noch nicht in Sicht, bedauert Torsten Petersen.  

Aufzeichnung Hospitality TALK 

Am Hospitality TALK 'Wie zukunftsorientiert ist der Großhandel' haben teilgenommen:

Kai Müller, TransgourmetJochen Kramer, SALOMON FoodWorldHannes Lichtmannegger, RehleggChristoph Karius, SV Hotel GroupTorsten Petersen, Enchilada GruppeThomas Primus, Foodnotify

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