Plastikersatzverpackungen sind ein großes Thema in der Branche, insbesondere bei
denjenigen, die sich mit Abhol- und Lieferservices beschäftigen. Es hat sich in den letzten
Jahren eine kleine Startup Szene entwickelt, die sich insbesondere mit dem Thema
Mehrwegsystemen beschäftigt. Eines dieser Startups ist reCIRCLE.
Was ist Recircle?
reCIRCLE ist ein Mehrwegsystem für das Thema Essen zum Mitnehmen und Lieferung. Die
Geburtsstunde von reCIRCLE liegt schon einige Jahre zurück. Seit fünf Jahren beschäftigt sich
der Gründer von reCIRCLE Deutschland Thorben Bechtoldt intensiv mit dem Thema Circular
Economy (Kreislaufwirtschaft), sprich wie können Wirtschaftsmodelle für die Zukunft gestaltet
werden und wie kann Nachhaltigkeit so transportiert werden, dass es sich dabei nicht um
Verzicht, sondern um eine intelligente Art und Weise zu leben und wirtschaften handelt. In
diesem Zusammenhang ist Thorben Bechtoldt im Jahr 2016 auf das Thema
Einwegverpackungen gestoßen. Bei einem Spaziergang durch den Park ist ihm aufgefallen, wie
viel Verpackungsmüll im öffentlichen Raum liegt. 2016 war eine spannende Zeit in
Deutschland, weil zu dieser Zeit die ersten Mehrwegsysteme für Coffee-to go auf den Markt
gekommen sind. Thorben Bechtoldt wollte noch einen Schritt weiter gehen und das Thema
Mehrweg auch für Essen zum Mitnehmen umsetzen. Nach der ersten Recherche ist Thorben
auf ein relativ junges Startup in der Schweiz gestoßen, nämlich reCIRCLE. In den Jahren 2016
und 2017 wurden die ersten ehrenamtlichen Pilotprojekte durchgeführt und untersucht, wie
Mehrweg in der Gastronomie wirklich funktionieren und in Deutschland umgesetzt werden
kann. Nach einiger Zeit des Experimentierens fand dann 2019 die Gründung des
Unternehmens statt, mit dem Ziel auch in Deutschland ein nationales Mehrwegsystem
aufzubauen.
Wie kann man als Gast an Recircle teilnehmen?
Bei reCIRCLE handelt es sich um ein klassisches Pfandsystem: Der Kunde wählt im Restaurant
aus, sein Essen in einer Mehrwegverpackung von reCIRCLE mitzunehmen und hinterlegt dann
10€ Pfand im Restaurant für die Verpackung. Danach hat er die Möglichkeit, die Verpackung
bei allen teilnehmenden reCIRCLE Partnern zurückzubringen und sein Pfand erstattet zu
bekommen.
Wie kann man als Gastronom an Recircle teilnehmen?
Als interessierter Gastronomiebetrieb kontaktiert man reCIRCLE per Telefon oder E-Mail und reCIRCLE stattet den Betrieb mit einem Testkontingent mit verschiedenen Mehrwegbehältern
oder Bechern aus. So kann der Gastronom diese zunächst kostenfrei ohne Pfandzahlung
testen, ob die Kunden das Konzept überhaupt annehmen. Nach einer gewissen Zeit, je
nachdem ob oder wie der Kunde das Konzept angenommen hat, stellt reCIRCLE eine Rechnung
über das Pfand aus, garantiert aber gleichzeitig dem Gastronomiepartner, jederzeit die
Behälter zurückzuerstatten, wenn die Boxen an reCIRCLE zurückgeschickt werden.
Wie findet die Abrechnung gegenüber dem gastronomischen Betrieb statt?
Zum einen muss der Gastronomiebetrieb - wie der Gast auch - Pfand für die Mehrwegbehälter
zahlen. Die Pfandthematik ist aber lediglich ein durchlaufender Posten. Damit entstehen keine
richtigen Kosten. reCIRCLE setzt darüber hinaus auf ein Nutzungsgebührenmodell, das
bedeutet konkret, jede Befüllung des Behälters wird über das Kassensystem erfasst und über
ein Onlineportal an reCIRCLE übermittelt.
reCIRCLE hat jedoch keinen Zugriff auf die Kasse selbst,
d.h. reCIRCLE arbeitet nicht über eine Schnittstelle und hat keinen Zugang zu den Kassendaten.
Pro Benutzung des Behälters fallen Kosten in Höhe von 13,5 Cent an. Das liegt im gleichen
preislichen Rahmen wie für Einwegverpackungen oder Aluminiumschalen. reCIRCLE kann also
einfach analog eingeführt werden ohne den Aufbau von technischen Systemen, sodass auch
Gastronomiebetriebe, die sich mit der Digitalisierung und digitalen Prozessen schwer tun, an reCIRCLE teilnehmen können. Zudem kann reCIRCLE mit diesem Mechanismus ganz genaue
Aussagen darüber treffen, wie viele Einwegverpackungen in einem Betrieb durch die Behälter
von reCIRCLE ersetzt werden konnten.
Wie viele Gebinde sollte ein Gastronomiebetrieb am Anfang einplanen?
Das hängt davon ab, wie viel Essen man pro Tag zum Mitnehmen ausgibt. Grundsätzlich ist die
vier bis fünf fache Menge an Mehrwegbehältern eine gute Größe, da man den
Mehrwegbehälter nicht am gleichen oder nächsten Tag vom Gast zurückbekommt. Man kann
aber ganz flexibel loslegen und jederzeit Behälter nachbestellen oder auch wieder
zurücksenden, wenn man sich überschätzt hat.
Wer spült die Mehrwegbehälter?
Zum aktuellen Zeitpunkt ist das Restaurant selbst für das Spülen verantwortlich. Dadurch kann reCIRCLE sicherstellen, dass Hygieneprozesse eingehalten werden können und es bei der
Nutzung von Mehrweg keine Probleme gibt. reCIRCLE merkt aber auch, dass sich bereits in
kleinen Stadtteilen sehr viele Mehrwegsysteme etabliert haben, sodass man gegebenenfalls
an eine zentrale Spülvorrichtung denken muss. Eine andere Überlegung besteht aber auch
darin, wie kleine Imbisse, die keine große Spülkapazität besitzen, sich ebenfalls am System
beteiligen können.
Was passiert, wenn der Rücklauf größer ist als der Auslauf?
Laut reCIRCLE gibt es weder in Deutschland noch in der Schweiz wirkliche Hotspots, wo nur
Mehrwegbehälter zurückgegeben werden, da viele Gäste doch oftmals Stammlokale haben,
die immer wieder aufgesucht werden. Falls der Rücklauf aber doch größer sein sollte als der
Auslauf, können die überschüssigen Behälter einfach bei dem Systemanbieter zurückgegeben
werden, das Pfand wird erstattet und reCIRCLE sorgt dann für die Umverteilung der
Mehrwegbehälter.
Welche Kernpunkte muss ein Gastronomiebetrieb bei der Integration von Recircle
beachten?
Um reCIRCLE in seinem Gastronomiebetrieb zu integrieren, muss der Fokus auf den folgenden
drei Bereichen liegen:
MusterbehälterMit Musterbehältern loslegen und schauen, wie das eigene Speisenangebot in die
neuen Mehrwegverpackungen passt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei
Mehrwegsystemen eine gewisse Standardisierung stattfinden muss. Es können nicht zu
viele Größen, Volumen oder auch Formen angeboten werden, damit das
Mehrwegsystem nicht zu komplex wird. Gesamter Spülprozess
An welcher Stelle im Betrieb können die Mehrwegverpackungen wieder
zurückgenommen werden und wie kann das von dem Bereich, wo die
Essenszubereitung und -ausgabe erfolgt, getrennt werden. In den meisten
Restaurants reicht es schon, wenn man im Kassenbereich eine Art Rücknahmefläche
bereitstellt, wo die Übergabe stattfinden kann. Mitarbeiterschulung und Kommunikation
Die Akzeptanz von Mehrwegbehältern ist immer dann hoch, wenn die Mitarbeiter
auch von solchen Lösungen überzeugt sind. Wenn diese Überzeugung an den Gast
weitergeben werden kann, steigen die Gäste auch darauf ein. Das bedingt aber intern
eine gewisse Schulung, Motivation und Sicherheit, damit das gesamte Team bei dem
Thema mitzieht.
Wo geht die Reise von Recircle hin?
Die nächsten Monate werden sehr spannend, denn aufgrund der politischen
Rahmenbedingungen besteht ab dem Jahr 2023 die Mehrwegangebotspflicht, wodurch sich
eine große Anzahl an Gastronomiebetrieben erstmals mit Mehrwegsystemen beschäftigen
wird. Aktuell hat reCIRCLE ein Netzwerk von 450 Partnern in Deutschland und europaweit sind
es 2100 Betriebe. Das Netzwerk ist also schon relativ groß und dicht, es ist aber noch viel
Potential in Bezug auf die Akzeptanz und Größe des Netzwerks vorhanden. Allein in
Deutschland gibt es über 150.000 Gastronomiebetriebe, die sich in den nächsten 18 Monaten
auf die Reise begeben und nach sinnvollen Lösungen für Mehrweg suchen werden. Die Vision
von reCIRCLE ist es, einen europäische Lösung zu bieten, sodass die Mehrwegboxen auch
außerhalb von Deutschland genutzt werden können. Gleichzeitig sollen auch noch mehr
Bereiche wie z.B. Mehrwegbehälter für Pizza integriert werden. Zuletzt sollen Rücknahmen
auch an Standorten wie Bahnhöfen und Supermärkten beispielsweise mittels Automaten
ermöglicht werden.
Die Vorteile von Recircle
Grundsätzlich sind Mehrwegsysteme immer eine gute Lösung und können von allen
Gastronomiearten eingeführt werden. Die Vorteile können gut aufgeteilt werden. Es gibt
einerseits den nachhaltigen-ökologischen Aspekt, indem man weg vom Verpackungsmüll
geht. Besonders in Zeiten von Corona ist das Bewusstsein der Kunden dafür massiv gestiegen und
die Nachfrage nach müllfreien Verpackungen hat stark zugenommen. Der zweite Aspekt ist er
Wirtschaftliche. Mit Einwegverpackungen entstehen ebenfalls Kosten, die Stand heute bereits
über den Nutzungsgebühren von reCIRCLE liegen, d.h. mit jedem Essen, das verkauft wird,
können schon einige Cents an Verpackungskosten eingespart werden. Zudem geht die
Tendenz der Politik in Richtung der Besteuerung von Einwegverpackungsmaterialen sowie der
Verwendung von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen, wodurch die
Produktionskosten nochmals höher liegen bei etwa 30/40 Cent. reCIRCLE zeichnet sich durch
seine Produktvielfalt aus und ist das einzige System, das von Anfang an die Produkte
gemeinsam mit der Gastronomie entwickelt hat. Des Weiteren findet die gesamte Entwicklung
und Produktion in Haus statt, d.h. reCIRCLE kann schnell auf Produktinnovationen eingehen
und dort Anpassungen vornehmen. Das spielt eine wichtige Rolle, denn am Ende steht und
fällt die Akzeptanz mit der Usability und dem Handling. Mehrweg muss im
Gastronomiebetrieb umsetzbar sein und dabei kann reCIRCLE sinnvoll unterstützen